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Verwalten patentierbarer Technologien und Innovationen; Interview mit Dr. Heiner Pollert, CEO und Gründer der Patentpool Gruppe

Stefan
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Dr. Heiner Pollert ist promovierter Gewerblicher Rechtsschutz und Experte für Innovationsmanagement. 1998 gründete er die Patentpool-Gruppe, deren CEO er bis heute ist. Er ist auch der erste Vorsitzende des Deutschen Instituts für Erfindungswesen, das seit fast 70 Jahren die Rudolf-Diesel-Medaille, Europas ältesten Innovationspreis, vergibt. In diesem Interview mit TechBullion erzählt uns Dr. Heiner mehr über die Patentpool Group.

Was ist die Patentpool Group und wie sind Sie auf das Konzept gekommen?

Mit der Patentpool-Gruppe beschleunigen wir seit rund 25 Jahren Innovationen in den unterschiedlichsten Zukunftsbranchen. Rund 3.000 Ideen und Projekte pro Jahr bekommen unser prüfendes Auge. Wir arbeiten intensiv mit Universitäten sowie dem bereits erwähnten Deutschen Institut für Erfindungswesen zusammen, um weniger rentable Perspektiven herauszufiltern und am Ende die richtigen Start-ups zu finden.

Wir sind, das kann ich mit Zuversicht sagen, effiziente Manager patentierbarer Technologien. Durch Kapitaleinsatz, Know-how und ein breites Netzwerk überführen wir Innovationen in marktfähige Technologien und Produkte. Unsere Firmengeschichte reicht mehr als 20 Jahre zurück. Wie Sie sich vorstellen können, haben wir über einen so langen Zeitraum gelernt, was Innovationen brauchen, um erfolgreich zu sein. Patentpool fungiert als Schnittstelle, um Projekte in der Wertschöpfungskette voranzutreiben.

Wessen Idee war das?

Die Idee, dieses Geschäftsmodell zu lancieren, kam mir während meiner Zeit als Filmproduzent. Ich habe mich damals leidenschaftlich für die Entwicklung von TV-Formaten interessiert und es ist mir oft passiert, dass große Produktionsfirmen und Sender diese Ideen einfach umgesetzt haben, nachdem sie unsere Präsentation gesehen haben, ohne meine Kollegen und mich – und ohne uns dafür zu bezahlen. TV-Formate sind nur urheberrechtlich geschützt, was leider sowohl leicht zu umgehen als auch schwer durchzusetzen ist. So kam ich zu dem Schluss, dass Patente dagegen so solide wie der Felsen von Gibraltar sind und große Summen in die Kassen ihrer Anmelder spülen, wenn jemand dagegen verstößt. Das hat mich motiviert, die Branche zu wechseln. Glücklicherweise sind die Fähigkeiten, die für das Management von Innovationsprojekten benötigt werden, denen für TV-Projekte sehr ähnlich.

Können Sie uns einen Überblick über Ihre Leistungen bei der Patentpool Gruppe geben? Wer kommt für Ihre Dienstleistungen in Frage und wie funktionieren sie?

Wir verstehen uns als eine Art Hybrid – etwas zwischen Frühphaseninvestoren und Company Buildern. An Basistechnologien beteiligen wir uns idealerweise in der Frühphase, also als Anteilseigner. Wir bauen das Unternehmen von Anfang an aktiv auf, sowohl finanziell als auch strategisch. Wir erstellen einen Businessplan, gründen gemeinsam eine Aktiengesellschaft und melden im Zuge der Entwicklung umfassende gewerbliche Schutzrechte, insbesondere Patente, rund um die Technologie an. Gleichzeitig betreiben wir das „Start-up“ und kümmern uns als Manager aktiv um alle betriebswirtschaftlichen Aufgaben wie Finanzierung, Controlling, Marketing, Vertrieb und Networking.

Sie unterstützen eine Reihe von Start ups … können Sie uns einige konkrete Beispiele nennen und uns erklären, wie Sie mit ihnen von Anfang bis Ende zusammenarbeiten?

Nun, wenn wir an einer Idee, einer Technologie oder einem Projekt interessiert sind, nehmen wir das Projekt wirklich unter die Lupe. Sehen wir ein erfolgversprechendes Risikoprofil, schlagen wir dem Innovationsgeber vor, gemeinsam mit uns ein Unternehmen zu gründen. Ab diesem Zeitpunkt übernehmen wir in den meisten Fällen die operative Führung und kaufmännische Arbeit – im Gegensatz zu vielen Venture-Capital-Gesellschaften. Auf diese Weise kann sich unser neuer Partner jedoch voll und ganz auf die Innovation und deren Entwicklung konzentrieren, also die Idee vorantreiben. Über die Überwachung von Patenterteilungen hinaus liegt mehr in unseren Händen: Kapitalbeschaffung, Know-how, Networking, geschäftliche, rechtliche und organisatorische Fragen, all dies. Dazu tragen auch unsere spezifischen Services bei. Dies umfasst die Bandbreite von der Businessplanerstellung, plansicheren Finanzierung über Controlling, Wissensvermittlung und PR/Marketing bis hin zur professionellen Personalauswahl/HR.

Wir haben eine Roadmap, die einem Neun-Punkte-Plan folgt. Dies bietet maximale Sicherheit in einem riskanten Markt. Es beginnt mit visionärem Sourcing, untermauert durch einen akribischen Due-Diligence-Prozess, und führt zu einer Projektpipeline mit vielversprechenden Innovationen. Wenn es nach Wunsch läuft, erfolgt nach einigen Jahren ein erfolgreicher Exit – Punkt neun des Plans.

Mit welchen Branchen und mit welchen Produkten arbeiten Sie bei der Patentpool Group? Welche Trends sollten wir von der Patentbranche im Jahr 2022 und darüber hinaus erwarten? Ich bin sicher, es gibt Geschichten aus Ihrem bisherigen Projektportfolio, die Sie mit uns teilen möchten.

Ja sicher. Wir fokussieren uns auf Zukunfts- und Wachstumsmärkte aller Art und die globalen Megatrends, die insbesondere von anspruchsvollsten IT-Lösungen bis hin zur medizinischen Nutzung von Cannabis reichen. Immer mit Blick auf die Patentschutzfähigkeit. Jedes dieser Unternehmen verfügt im Idealfall über ein überzeugendes Chancen-Risiko-Profil, eine hohe Skalierbarkeit und einen erkennbaren technologischen Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb whoville characters.

Könnten wir von einigen konkreten Beispielen hören?

Sicher. Hier sind vier Beispiele; Beginnen wir mit Aircoating Technologies. Aircoating ist ein Oberflächenbeschichtungsverfahren, das nach dem Vorbild der Natur, nämlich dem wasserabweisenden Schwimmfarn „salvinia molesta“, entwickelt wurde. Die Beschichtung verringert zum Beispiel den Reibungswiderstand von Schiffen im Wasser und senkt damit den Energieverbrauch und die Emissionen enorm.

Dann haben wir Arcware. Die Cloud-Plattform Arcware 3D ermöglicht die interaktive Bereitstellung von 3D-Anwendungen in Echtzeit auf allen aktuellen und zukünftigen Geräten. Das eröffnet neue Wege, nahezu unendliche Möglichkeiten im immersiven Webdesign – sozusagen das Frontend der Zukunft.

FrontNow wiederum wurde mit dem Ziel gegründet, Konsumgüterhersteller dabei zu unterstützen, ihre Produkte im Handel zu verkaufen – und Händlern zu ermöglichen, den Kunden vor Ort die richtigen Produkte anzubieten. Als SaaS-Lösung liefern KI-Systeme und -Technologien Handlungsempfehlungen und Zukunftsprognosen für Händler und Produzenten. Einzel- und Großhandel werden hier auf einer Plattform verbunden.

Dann haben wir Prisma Analytics, einen unserer heißesten Kandidaten. Dieses Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, die eine Vielzahl von strukturierten und unstrukturierten Informationen aus digitalen Quellen in Echtzeit extrahieren, analysieren und korrelieren kann. Dies ist Big-Data-Management vom Feinsten und wird hauptsächlich für Finanzinformationen verwendet, einer der Hauptzweige von Prisma Analytics.

Kürzlich hat Ihr Zielunternehmen Zoe einen Rechtsstreit mit Microsoft in Deutschland gewonnen. Nach dem, was ich gelesen habe, wurde die Cloud-Technologie in Deutschland erfunden, und Microsoft verwendet sie seitdem illegal. Kannst du das näher beleuchten? Was ist hier die wahre Geschichte, und was bedeutet das letztendlich?

Ende der 1990er-Jahre arbeitete die Patentpool-Gruppe, die treibende Kraft der Zoe Life Technologies AG, mit dem US-amerikanischen Informatiker und IT-Systemarchitekten Hardy Schloer zusammen. Wir haben seine technologischen Visionen aufgegriffen, die er zuvor unter dem Projektnamen „Tosca“ verfolgt hatte. Ziel war die Umsetzung seiner „Dynamic IT System Architecture“ und seiner damals als revolutionär geltenden Internet-Konzepte. Hierfür wurde 1999 ein europäisches Patent angemeldet und 2006 für Deutschland und Großbritannien erteilt. Hier ist die Patentpolitik: Die Innovation ist so komplex und radikal, dass nicht alle beteiligten Ideen gesichert werden konnten. Im Fokus stand eine sogenannte Gatekeeper-Funktion. Es schützte im Wesentlichen nur die einzige zentrale und lebenswichtige Komponente, gegen die jeder verstößt, der dynamische Webinhalte erstellt.

RavenPack wird irgendwann Teil der Geschichte….

Ja, du hast Recht. Ab dem Jahr 2000 begann die gemeinsam von Patentpool und Schloer gegründete und mit Investorenkapital finanzierte RavenPack AG mit der Vermarktung der diesem Patent zugrunde liegenden Technologie in verschiedenen Anwendungsgebieten. Zahlreiche Projektansätze wurden Unternehmen der IT-Branche, einschließlich Microsoft, angeboten, und das bei mehreren Gelegenheiten. Wie so oft bei bahnbrechenden Innovationen verweigerte die „C-Suite“, die Verantwortlichen in den Chefetagen und Entwicklungsabteilungen der angesprochenen Unternehmen, die Zusammenarbeit. Viel Know-how sickerte nach außen, ein unvermeidliches Ergebnis bei der Präsentation von Technologien. Am Ende ist es das Gatekeeper-Patent, das vor Nachahmern schützt.

Zunächst schmachteten die Projektvorschläge in den Schubladen und Akten der Unternehmen. Trotz mehrerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen zur Schloer-Technologie untersuchten nur wenige Experten das Potenzial hinter dieser neuartigen Art der Datenverarbeitung. Aus diesem Grund konzentrierte sich RavenPack in den folgenden Jahren darauf, eine möglichst lukrative eigene Anwendung der Technologie zu entwickeln und unternehmerisch zu nutzen. So entstand der Weltmarktführer für Nachrichtenanalyse in der Finanzbranche: RavenPack.

Wo genau spielt Microsoft in der fortlaufenden Geschichte eine Rolle?

Nach der Fertigstellung des RavenPack-Systems wanderten Programmierer zu anderen Firmen ab und das patentgeschützte Know-how breitete sich weiter aus. Erst 2012, nachdem der Begriff „Cloud Computing“ bekannt geworden war und Microsoft seine neue Nutzerplattform Azure der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, wurden auch Dritte darauf aufmerksam, wie weit eben dieses geistige Eigentum im Jahr 2000 zum Patent angemeldet wurde , gekommen war. Was im Jahr 2000 unter den Titeln „Method and Device to Present Data to a User“ und „One-Page Web“ patentiert wurde, gilt heute als zentraler und grundlegend notwendiger Bestandteil des Cloud Computing.

Am 7. Oktober 2021 hat schließlich der Bundesgerichtshof in Karlsruhe entschieden: Unsere Tochtergesellschaft Zoe Life Technologies AG hat ihre Nichtigkeitsklage X 98/19 gegen die Microsoft Deutschland GmbH vollständig gewonnen. Damit haben die Höchstgerichte entschieden, dass das von der Microsoft Deutschland GmbH angegriffene Patent im erteilten Umfang in Deutschland gültig ist. Im nächsten Schritt geht es darum, die Höhe der Entschädigung zu regeln – gerichtlich oder außergerichtlich.

Es scheint alles, um es milde auszudrücken, entmutigend. Microsoft ist nicht gerade Ihr Garten-Gegner …

WAHR. Das Anwaltsteam von Zoe ist jedoch erfahren in internationalen Verletzungsverfahren und hat in vergangenen Verfahren gegen IT- und andere Technologieunternehmen bereits Hunderte Millionen Euro für internationale Mandanten eingesammelt. Im Tosca-Projekt konnte Zoe auch dafür sorgen, dass die Microsoft Deutschland GmbH nun mit einer Patentverletzung konfrontiert wird.

Was bedeutet das konkret für Microsoft?

Aufgrund der höchstrichterlichen Bestätigung des Patents wird Microsoft über die Vorteile einer gütlichen Einigung nachdenken müssen. Sollten wir gewinnen, drohen Microsoft erhebliche Kosten. Ansprüche können bis zu zehn Jahre rückwirkend geltend gemacht werden.

Man muss bedenken, dass diese bahnbrechende und durch das bestätigte Patent geschützte Basistechnologie verschiedene Konzepte des frühen Internets sowie des heutigen Cloud Computing überhaupt erst ermöglicht hat. Dazu gehören die sichere Datenkommunikation sowie die serverseitige Erstellung von Webseiten. Ein Beispiel: Die Technologie wird in der Transaktions- und Stimmungsanalyse, auch Opinion Mining genannt, eingesetzt. Ein weiteres Beispiel ist sicherheitsrelevante Software. Die Basistechnologie wird seit Jahren von zahlreichen internationalen Unternehmen illegal und kostenlos genutzt, darunter Amazon, Apple, Google, IBM, Cisco, Huawei und Siemens.

Unglaublich. Wohin gehst du von hier aus?

Als weiterer Schritt ist der Start eines breit angelegten Lizenzprogramms geplant, das sich speziell an internationale Großkonzerne richtet. Eine andere Möglichkeit, das geistige Eigentumsrecht zu Geld zu machen, besteht darin, es an potenzielle Rechtsverletzer oder internationale Verwertungsgesellschaften zu verkaufen. Als wir vor etwa zehn Jahren „The Tosca Project“ starteten, war uns klar, dass ein Projekt dieser Größenordnung Zeit braucht, insbesondere wenn Microsoft die bei Patentverletzungen übliche Taktik der „Annullierungsklage“ wählt. Wir sind jedoch überglücklich, dass wir diesen Weg bis heute erfolgreich fortsetzen konnten.

Hat das auch Auswirkungen auf andere Länder wie Großbritannien?

Verschiedene internationale Hightech-Konzerne nutzen diese in Deutschland und Großbritannien patentierte Technologie seit Jahren illegal und kostenlos. Wir prüfen derzeit rechtliche Schritte in Großbritannien – auch für dieses Land wurde ein Patent erteilt. Wir können mit einer ähnlichen Situation wie in Deutschland rechnen.

Haben Sie Möglichkeiten für Investoren, Karrieren oder Partnerschaften bei der Patentpool Gruppe?

Auf jeden Fall, fast immer! Die wichtigste Ressource für das Management von Innovationsprojekten ist Kapital – über den Investmentfonds Hightech Value Pool können Sie direkt am Erfolg unserer Projekte partizipieren. Und unsere Projekte können nur mit den richtigen Menschen und Partnern erfolgreich sein – wenn Ihnen unsere Einstellung gefällt oder Sie denken, dass Ihr Unternehmen ein geeigneter Netzwerkpartner wäre, freuen wir uns darauf, von Ihnen zu hören. Über patentpool.de/karriere sind alle willkommen, die nach Stellenangeboten suchen oder sich initiativ bewerben möchten.

Haben Sie für unsere Leser Informationen zur Patentpool Gruppe?

Das tue ich tatsächlich. Kürzlich wurde der Hightech Valuepool (HVP) lanciert – ein spannendes Anlagevehikel. Als Initiator des Fonds bietet die Patentpool-Gruppe damit Investoren das Potenzial, an der Wertschöpfung von Zukunftstechnologien zu partizipieren. Der HVP-Fonds hebt sich deutlich von anderen Frühphasenfonds ab. Dahinter steht unsere einzigartige Expertise als Company Builder: Wir reduzieren Investitionsrisiken, indem wir uns auf patentgeschützte Technologien konzentrieren und diese aktiv managen. Der Fonds ist bereits in vier faszinierende Hightech-Unternehmen investiert: Arcware, Frontnow, Prisma Analytics und Aircoating Technologies. Der HVP-Fonds vereint die Vorteile offener und geschlossener Fonds durch maßgeschneiderte Lösungen für Anleger im Rahmen eines Evergreen-Fonds. Sollte ein Portfoliounternehmen aussteigen, schüttet der Fonds 50 % der Erlöse an die Anleger aus und reinvestiert 50 % in den Fonds. Als Größe des Fonds werden bis zu 200 Millionen Euro ausgewiesen, der geografische Fokus liegt auf Deutschland und Europa. Zumindest vorerst…